Kämpfertyp gewinnt den schwersten Kampf

Lars Henkels darf nach zwei Operationen und vier Wochen Krankenhaus wieder an Handball denken

IKZ vom 24.01.2018: Hemer. Am Samstag war er erstmals wieder als Zuschauer dabei. Ausgerüstet mit dem Offiziellenkärtchen saß Lars Henkels auf der Spielerbank und drückte seinen Hemeraner Handballkollegen im Oberligaspiel gegen Möllbergen die Daumen. Über zwei Monate war er nicht im Grohe-Forum, und man sieht ihm auf den ersten Blick an, was er in dieser Zeit durchgemacht hat. Wenn er davon in seiner jovialen Art erzählt, kann man allerdings kaum ermessen, wie kritisch es um ihn phasenweise stand.

Mitte November glaubte der Mannschaftskapitän, sich wegen einer Magen-Darm-Grippe nur ein paar Tage ausruhen zu müssen. Doch als die Beschwerden nicht abklangen, waren es seine besorgten Eltern, die Druck machten. „Junge, du gehst jetzt zum Arzt“, lautete die Order, die er zum Glück befolgte. Als das Untersuchungsergebnis vorlag, schlug der behandelnde Arzt umgehend Alarm und wies ihn ins Krankenhaus ein. „Ich hatte hohe Entzündungswerte und extrem schlechte Leberwerte“, berichtet Henkels von der ersten Diagnose.

Das Krankheitsbild, das sich dann nach und nach abzeichnete, löste zwangsläufig schlimme Befürchtungen bei ihm, bei seiner Familie und bei seinen Handballern aus: Verdacht auf Hepatitis, Blinddarmentzündung, Darmverschluss, Blutvergiftung, Thrombose. Zweimal wurde er operiert, und erst nach dem zweiten Eingriff, bei dem ein Teil des Dickdarms entfernt wurde, ging es langsam bergauf. „Mir hat einer der Ärzte gesagt, dass ein älterer Mensch mit schlechterer Konstitution das vermutlich nicht überlebt hätte“, berichtet er, dass in der kritischen Phase dreimal ernsthafte Lebensgefahr bestand.

Als die gebannt war und er sich langsam erholte, kam der nächste Tiefschlag. „Als mir ein Arzt wenig feinfühlig wegen der gravierenden Eingriffe und der Thrombose erklärte, dass ich keinen Handball mehr spielen dürfe, war ich am Boden zerstört. Der ahnte überhaupt nicht, wie wichtig Handball für mich ist.“ Doch dann hatte Lars Henkels endlich Glück im Unglück. Die Thrombose wurde durch die Entzündungsherde ausgelöst, und nach weiteren Untersuchungen stand fest, dass er die blutverdünnenden Mittel nicht länger als ein halbes Jahr würde nehmen müssen.

Mitte Dezember konnte der Kreisläufer dann erstmals mit Hilfe wieder aufrecht stehen, kurz vor Weihnachten durfte er das Krankenhaus verlassen. Und Pläne schmieden. „Dass ich mich jetzt noch nicht zu sehr belasten kann und die Bauchmuskulatur allenfalls leicht anspannen darf, wird mir jeden Tag bewusst. Aber ich weiß, dass ich in der neuen Saison wieder spielen werde.“ Bis dahin soll der Gewichtsverlust von 20 Kilo aufgearbeitet sein, um gewohnt dynamisch seine Kreisläuferrolle spielen zu können.

Zum Training fährt er schon wieder regelmäßig nach Hemer und macht leichte Kräftigungsübungen, und das Pensum will er kontinuierlich steigern. Irgendwann werden Laufen, Radfahren und etwas Ballarbeit hinzu kommen, nur der Kontaktsport ist in den nächsten Monaten strikt untersagt. Die erzwungene Handballabstinenz nutzt der Orthopädietechniker Henkels zum Lernen für die Meisterprüfung. „Dafür habe ich jetzt viel mehr Zeit als gedacht, und das ist sicher nicht so ganz verkehrt.“

Dass die Mannschaft seit über zwei Monaten ohne ihn auskommen muss, hat auch einen Teil zum wenig erfreulichen Abschneiden beigetragen. Und wenn die laufende Serie nicht so erfolgreich enden sollte, ist das für den Kapitän erst recht ein Grund, anzugreifen. „Mir tut es unheimlich gut, die Jungs wieder regelmäßig zu sehen und wieder mittendrin zu sein.“ Und deshalb plant er auch keine Veränderung. „Für mich zählt, dass unser Trainer Tihomir Knez bleibt und die Leistungsträger gehalten werden sollen.“ Wenn im Juni die Vorbereitung auf die neue Saison beginnt, will er in alter Stärken wieder mitmischen. Und dann sollen nur noch die Narben an die schlimmsten vier Wochen seines Lebens erinnern.

(Quelle IKZ, Text: Willy Schweer)